22. Oktober 2024

Positionspapier Migration



Mehr und schneller abschieben, besser noch die Grenzen schließen, Messer verbieten und Notlagen erklären. Solche Forderungen machen gerade ihre Runde in der Bundespolitik. Angestoßen durch das schreckliche Attentat von Solingen und katalysiert durch die Wahlen im Osten werden von allen Seiten Vorschläge gemacht, die man vor wenigen Jahren nur der AfD zugetraut hätte. Die am 16.09 eingeführten Grenzkontrollen sind ein Spitzenbeispiel für solchen Populismus: Diese gefährden nicht nur massiv den Schengen-Raum (und dadurch auch die deutsche Wirtschaft), sondern benötigen dazu noch viel Aufwand, der irgenwo anders besser genutzt werden könnte. Laut einer aktuellen Mitteilung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sind diese Maßnahmen kaum wirksam.

Ein effektiver Schutz gegen islamistische Terroranschäge kann unserer Meinung nach nur durch die strikte Eindämmung radikaler islamistischer Propaganda erreicht werden. Plötzlich erscheint jedoch gar nicht mehr der Attentäter als Problem – sondern diejenigen, die sich zum Großteil vor ebendiesem Terror zu uns geflüchtet haben. Die Bedürfnisse und Rechte dieser Schutzsuchenden werden dabei denjenigen von – durchaus verständlicherweise – verängstigten, besorgten oder verärgerten Bevölkerungsteilen gegenübergestellt. Anstatt jedoch rational-analytisch und in empathischer Auseinandersetzung mit den Betroffenen Ursachenkomplexe herauszuarbeiten und daraus Lösungsansätze zu ermitteln, greifen mittlerweile sogar etablierte Politiker:innen der linken Mitte auf kurzsichtige, generalisierende und damit insgesamt populistische Forderungen zurück. Die Debatte fokussiert sich auf die Migrationsfrage, als könnten mit deren Beantwortung alle innenpolitischen Herausforderungen und sozialen Spannungen beseitigt werden. Dagegen sollte allen Beteiligten eigentlich klar sein, dass die momentan verwendete Rhetorik nicht nur die Besorgnisse und Belange der Bürger:innen nicht ernst nimmt (indem diese eindimensional auf das Thema Migration rückgeführt werden), sondern auch ebenjene bestehenden sozialen Spannungen – und in diesem Zusammenhang das Erstarken rechtspopulistischer Parteien – nur verstärken kann.

Neben den vielfach skizzierten Herausforderungen bietet Migration auch enorme Chancen für Deutschland – wenn sie richtig gestaltet ist. Ein zentraler Baustein ist die bessere Integration in Bildung: Massive Investitionen in die Schul- und Erwachsenenbildung – insbesondere in Sprachkurse – sind unerlässlich. Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse muss deutlich vereinfacht werden, Arbeitserlaubnisse sollten zeitnah nach der Einreise erteilt werden. Darüber hinaus müssen die Ausländerbehörden schneller und effizienter werden. Bürokratische Hürden wie Zahlkarten und andere administrative Hürden sollten abgebaut werden, um einen fairen und transparenten Zugang zu Leistungen zu gewährleisten. Denn obwohl in Zeiten von nicht enden wollenden Krisen der Wunsch nach einer einfachen Lösung absolut verständlich ist, muss klar sein, dass Deutschland sich gerade jetzt als attraktives Zuwanderungsland positionieren muss. In quasi jeder Branche fehlen Fachkräfte, was zu existenziellen Problemen wie steigenden Preisen, Wartezeiten, fallender Produktvielfalt, Nachteilen im internationalen Wettbewerb und resultierenden Standortschließungen führt. Laut einer Studie von Korn Ferry werden bis 2030 4,9 Mio. Fachkräfte in Deutschland fehlen, durch drakonische Asylpolitik dürfte diese Zahl wohl nur noch steigen. Wobei die Rente mit 90 hier natürlich auch eine Lösung wäre.



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